Kommentar zur abgewiesenen Klage gegen die 380kV-Freileitung Henningsdorf-Neuenhagen  

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juli zu einer weiteren Höchstspannungsleitung hat keine vorgreifende Wirkung für den Rechtsstreit um die geplanten 380kV-Freileitung Bertikow-Neuenhagen („Uckermarkleitung“). Das Gericht hatte Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für eine 380-kV-Freileitung von Neuenhagen nach Henningsdorf abgewiesen.

Die beiden Leitungsprojekte sind in ihrer Problematik nicht vergleichbar:

  1. Das Gericht hat es sich leicht gemacht, indem es sich auf einen rechtspositivistischen Standpunkt gestellt und das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) nicht hinterfragt hat. Immerhin gibt es ein bedenkenswertes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags, in dem die Verfassungskonformität des EnLAG als „zweifelhaft“ dargelegt wird („Georgi-Gutachten“). Leider ist es uns in all den Jahren nicht gelungen die Landesregierung beziehungsweise 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten zu einer Überprüfung der Verfassungskonformität dieses Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht zu bewegen.

Solange dies nicht geschieht, kann das BVerwG sich auf den Standpunkt stellen, dass das EnLAG geltendes Recht ist, an dem es sich zu orientieren hat.

  1. Auch bei den anderen Punkten kann man zeigen, dass eine formal korrekte Entscheidung eben auch sehr problematisch ist. Der Hinweis, dass die 380kV-Freileitung auf der Trasse einer Bestandsleitung errichtet und mit der A10 gebündelt wird, ist zwar zutreffend, beweist aber auch, dass die Anwohner hier durch eine Massierung von Infrastrukturprojekten erheblichen Belastungen ausgesetzt sind. Das Gericht ignoriert diese erhebliche Belastung und sieht sich nicht berufen, hier auf Entlastung  zu dringen.

Das Bündelungsgebot ist ein wichtiges Planungsprinzip, um die Landschaft vor zusätzlichen Zerschneidungen zu schützen, aber es gibt auch einen Sättigungsgrad, der nicht überschritten werden sollte.

  1. Dass das Gericht den Vorschlag der Bürgerinitiative, die Erdverkabelung der Leitung in der Schallschutzwand zu führen, mit dem Hinweis auf den Wortlaut des EnLAG vom Tisch gewischt hat, ist erschütternd, schließlich liegt dieser Vorschlag der BI schon lange auf dem Tisch und es wäre Sache des Netzbetreibers und der Genehmigungsbehörde gewesen, ihn aufzugreifen.

Das Gericht hätte die Unbeweglichkeit des Netzbetreibers nicht honorieren dürfen.

  1. Der Hinweis des Gerichts, dass die Querung eines Flora-Fauna-Habitat-Gebiets durch eine 380kV-Freileitung EU-rechtlich nicht zulässig ist, ist ein Argument, das bei der Genehmigung der „Uckermarkleitung“ von der Genehmigungsbehörde durch eine Abweichungsprüfung in zwei Fällen ausgehebelt wurde. Wir werden in unserem Klageverfahren darauf zurückkommen.

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