Jahresrückblick 2018

Die Arbeit der Bürgerinitiative war 2018 wieder durch die Konsequenzen geprägt, die sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Januar 2016 ergeben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss aus dem Sommer 2014 für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“ erklärt. 50 Hertz wird durch dieses Urteil des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts daran gehindert, die geplanten Baumaßnahmen für die 380kV-Freileitung von Bertikow (bei Prenzlau) nach Neuenhagen (bei Berlin) in Angriff zu nehmen.

Um doch noch zu einer Baugenehmigung zu kommen, hat 50 Hertz im Herbst 2017 ein Planergänzungsverfahren beantragt, das im Sommer 2018 durchgeführt wurde. Hier versuchte 50 Hertz den Nachweis zu führen, dass die Belange des Vogelschutzes in den europäischen Vogelschutzgebieten, die durch das Vorhaben gequert werden, unerheblich sind. Ein Vorhaben, das der Quadratur des Kreises vergleichbar ist.

1. Zum Planergänzungsverfahren

Im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit haben wir die Terminierung des Planergänzungsverfahrens skandalisiert (TV-Sendung in Brandenburg Aktuell am 13. Juni 2018 und Berichte in der Märkischen Oderzeitung (MOZ) und der Märkischen Allgemeinen (MAZ) am 14. Juni 2018).

Wir haben ferner gegen die Terminierung der Planauslegung und des Beteiligungsverfahren während der Sommerferien beim Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR) protestiert. Adressat unseres Protests war aber auch das Wirtschaftsministerium Brandenburg, das die Rechtsaufsicht über das LBGR führt.

Es ist uns auch 2018 wieder gelungen, die von dem Leitungsbauvorhaben besonders stark betroffenen Städte und Kommunen Eberswalde, Angermünde, Chorin und Ziethen zu ablehnenden Stellungnahmen im Planergänzungsverfahren zu motivieren.

Dazu hat der Sprecher der Bürgerinitiative Kontakt zu den Amtsdirektoren von Joachimsthal und Britz-Chorin-Oderberg aufgenommen, die Gemeindevertreterversammlungen in Chorin und Ziethen besucht und für die Annahme entsprechender Beschlussvorlagen geworben.

Durch eine Bürgerinformation über das Planergänzungsverfahren und ortsteilbezogene Formulierungshilfen für Einwendungen konnten im Raum Chorin-Ziethen-Schmargendorf-Angermünde rund 300 Einwendungen von Einwohnern mobilisiert werden, was angesichts der Rahmenbedingungen (Sommerferien) ein beachtliches Ergebnis ist.

Neben der Mobilisierung des Protests gegen die Freileitungsplanung haben wir aber für eine fachlich und juristisch hochqualitative Stellungnahme im Rahmen des Planergänzungsverfahrens gesorgt. Unser Anwalt hat einen umfangreichen Schriftsatz beim LBGR eingereicht, für den von verschiedener Seite qualifizierte Zuarbeiten geleistet wurden.

Auch ein Gutachten der Ingenieurgesellschaft Entera zur Trassierung einer umweltverträglichen Erdverkabelung zwischen Schmargendof und Buchholz wurde eingebracht.

Beim Erörterungstermin am 7. November 2018 in Eberswalde wurde deutlich, dass das LBGR auf eine zügige Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses hinarbeitet.

Inwieweit hierbei die im kommenden Jahr anstehenden Landtagswahlen eine Rolle spielen, sei dahingestellt.

Die Bürgerinitiative hat ihreTeilnahme am Erörterungstermin gut genutzt, um wesentliche Argumente gegen das Vorhaben vorzubringen und wichtige Anträge gestellt, auf die eventuell im anstehenden Rechtsstreit Bezug genommen werden kann.

Das Verhalten der Mitarbeiter des Landesamts für Umwelt (LfU) beim Erörterungstermin, die sich geweigert haben, ihre Stellungnahme und die Erwiderung durch 50 Hertz darzustellen, hat die Bürgerinitiative in Schreiben an den Präsidenten des LfU und den Abteilungsleiter des Referats N 1 – Naturschutz in Planungs- und Genehmigungsverfahren, kritisiert. Sie hat um Aufklärung gebeten, ob die Mitarbeiter des LfU weisungsgebunden gehandelt haben.

2. Öffentlichkeitsarbeit

Nach fast zwei Jahren erhielt die Bürgerinitiative Antwort auf ihre Kritik an dem Auftritt der Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz (bfN), Prof. Beate Jessel, im Umweltausschuss des Bundestags von 27. Januar 2016. Sie hatte vor dem Hintergrund des von der Bürgerinitiative erstrittenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts von 2016 gesagt, „Umweltschutz darf nicht zur Verhinderung von Leitungsbauvorhaben missbraucht werden“ und sie sehe „keinen Widerspruch zwischen Naturschutz und Leitungsausbau“. Das BfN teilte nun sinngemäß mit, dass es die Interessen des Naturschutzes achte. 

Die Bürgerinitiative hat die Präsidentin zu einem Trassenbesuch eingeladen.

2.1. Besuch von Ingrid Nestle (Bundestagsabgeordnete der Grünen) an der Trasse

Der Sprecher der Bürgerinitiative hatte im April 2018 an einem Fachgespräch der Bundestagsfraktion der Grünen zum Thema „Netzengpässe“ teilgenommen und im Anschluss daran die fehlende Berücksichtigung der trassenkritischen Bürgerinitiativen kritisiert. Es waren nur Netzbetreiber und andere Interessenvertreter als Gesprächspartner eingeladen, keine Vertreter von Bürgerinitiativen.

Aus der anschließenden Korrespondenz resultierte schließlich der Besuch von Ingrid Nestle, der netzpolitischen Sprecherin der Grünen in Chorin und Senftenhütte im Vorfeld des Planergänzungsverfahrens.

2.2. Minister Altmaier lehnt Besuch ab

Einer Anregung von Annalena Baerbock, ebenfalls Bundestagsabgeordnete der Grünen, folgend, lud die Bürgerinitiative Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu einem Trassenbesuch ein. Altmaier hatte bei seinem Amtsantritt im März 2018 erklärt, dass er alle umstrittenen Leitungsausbauprojekte besuchen wolle.

Er kam zwar nicht zur Uckermarkleitung, aber am 30. November 2018 konnte der Sprecher der Bürgerinitiative an einem von Altmaier initiierten Bürgerdialog teilnehmen. Dabei wurde deutlich, dass der Minister sich nur für die Trassenprojekte interessiert, deren Planung noch nicht weit fortgeschritten ist.

Er folgt hier der Argumentation der Netzbetreiber, die im Interesse eines raschen Netzausbaus von Umplanungen, wie sie eine teilweise Erdverkabelung mit sich bringen würde, nichts wissen wollten. Der Hinweis des Sprechers der Bürgerinitiative, dass Altmaier mit seiner Haltung die hartleibigen Netzbetreiber belohne, die sich im Konflikt nicht kooperativ gezeigt hätten, konnte ihn nicht zu einer Korrektur bewegen.

2.3. Medienecho

Die Verkündung des Beginns des Planergänzungsverfahrens durch 50 Hertz am 13. Juni 2018, dem zehnten Jahrestag der Gründung der Bürgerinitiative, sorgte für ein deutliches Medienecho unserer Kritik an der Terminierung des Planergänzungsverfahrens und der harten Haltung des Netzbetreibers zur Erdverkabelung (siehe Punkt 1)

Gelegentlich wies der Sprecher der Bürgerinitiative in Leserbriefen eine falsche oder tendenziöse Berichterstattung in der MAZ (15. August 2018) hin.

Durch Pressemitteilungen wurden die Medien über den Fortgang des Konflikts informiert.

3. Petition an den Bundestag

Gemeinsam mit ihrem Anwalt hat die Bürgerinitiative eine Petition an den Bundestag auf den Weg gebracht, in der um eine Aufnahme der „Uckermarkleitung“ in den Katalog der Pilotprojekt zur Erdverkabelung gebeten wird. Diese Petition wird von den Ämtern Britz-Chorin-Oderberg und dem Amt Joachimsthal und den Städten Eberswalde und Angermünde mitgetragen. Auch Kirsten Tackmann (Bundestagsabgeordnete der Linken) und Axel Vogel (Landtagsabgeordneter der Grüne) tragen diese Resolution mit. Sie wurde auch von einer Reihe von Einwohnern und Gemeindevertreten (Liste Konstruktive Kommunalpolitik, Chorin) unterzeichnet.

4. Aufruf zur Erteilung von Bürgschaften für das Prozessrisiko

Gemeinsam mit dem Vorsitzendens des Vereins „Wir in der Biosphäre„, Gunnar Hemme, hat der Sprecher der Bürgerinitiative in einem Aufruf um die Erteilung von Bürgschaften zur Absicherung des finanziellen Risikos im Falle einer Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht gebeten. Dorthin geht es in der nächsten Runde des Rechtsstreits um die Uckermarkleitung.

Durch die Bürgschaften soll es dem Verein ermöglicht werden, seine vorhandenen Mittel für die Prozessführung einzusetzen, weil das finanzielle Risiko abgesichert ist.

Fazit

Mit diesen Aktivitäten aus dem Jahr 2018 kann die Bürgerinitiative voller Zuversicht nach vorn schauen. Auf den Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht ist sie gut vorbereitet.

Nicht über unsere Köpfe! Keine Freileitung durch Schutz- und Wohngebiete!

Hartmut Lindner, Sprecher der Bürgerinitiative