Ende der Einreichungsfrist für Erwiderungen im Klageverfahren

Am 15. März endete die Frist für die Einreichung der abschließenden Erwiderungen aller Prozessbeteiligten für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Seitdem können keine weiteren Gesichtspunkte in das Verfahren eingebracht werden.

Das Gericht hat für die mündliche Verhandlung den 21. Juni 2022 festgelegt und wird auf der Basis der eingereichten Erwiderungen und dem mündlichen Vortrag der Beteiligten in der Verhandlung entscheiden.

Fragestellungen des Rechtsstreits

In ihrer ausführlichen Stellungnahme hat die Kanzlei Philipp Heinz, gestützt auf die Zuarbeiten von unseren Experten, noch einmal deutlich herausgearbeitet, dass der Planergänzungsbeschluss vom Herbst 2020 rechtswidrig ist.

Die Gegenseite, 50 Hertz und das Landesbergamt haben zwei große Kanzleien mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt, die sehr umfangreiche Schriftsätze, mehrere hundert Seiten, zur Abwehr der Klage des NABU-Brandenburg vorgelegt haben.

Unsere Experten haben aber aus dem Wust der gegnerischen Stellungnahmen die Punkte herausgegriffen, die gut fundiert widerlegt werden können.

Im Zentrum steht nach wie vor die Fragestellung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzziele in den betroffenen europäischen Vogelschutzgebieten trotz der Errichtung der 380kV-Freileitung ausgeschlossen werden kann. Dass dies nicht gegeben ist, zeigen unsere Experten exemplarisch am Wasservogelbrutgebiet Landiner Haussee – Felchowsee, das durch die geplante Trasse gequert würde.

Neben der Frage, ob es Austauschbeziehungen zwischen den  Vogelbeständen im Felchowsee  bzw. dem Landiner Haussee gebe, spielt auch die Frage der Wirksamkeit der Vogelschutzmarker bei Nacht und in Nebellagen eine große Rolle.

Am Ende geht es um die Einschätzung der Risiken für drei gefährdete Arten, die Rohrdommel, die Zwergdommel und das Kleine Sumpfhuhn.

Dabei insistiert unsere Seite darauf, dass der Auftrag des Gesetzgebers, dass für eine Genehmigung des Vorhabens in einem Schutzgebiet der Nachweis geliefert werden muss, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzziele auszuschließen ist, eingehalten wird. Die Beweislast liegt also beim Vorhabenträger bzw. der Genehmigungsbehörde und nicht beim Kläger. Die Gegenseite argumentiert gerne, dass es keine Beweise für die erhebliche Beeinträchtigung der Schutzziele gebe.   

Umstritten ist auch die Anwendung des vom Bundesamt für Naturschutz vorgelegten Fachkonventionsvorschlags von 2019 zur Wirksamkeit von Vogelschutzmarkern. Kann man diesen Konventionsvorschlag schematisch anwenden, oder ist doch eine genaue Prüfung des Einzelfalls erforderlich?

Auch die Frage, ob die technische Variante der Erdverkabelung bei der Abweichungsprüfung einer eingehenden Prüfung bedarf, wird wieder eine Rolle spielen. Immerhin hat die Genehmigungsbehörde im Planergänzungsbeschluss bei zwei Schutzgebieten festgestellt, dass die geplante Leitung gegen das Naturschutzgesetz verstößt, aber im Zuge einer Abweichungsprüfung mit Blick auf die gesetzlich festgestellte „Notwendigkeit der Leitung“ eine Genehmigung erteilt.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 28. Oktober 2021 zur Anwendung der Artenschutzrichtlinie ist für diesen Rechtsstreit ebenfalls relevant und eröffnet dem Gericht die Möglichkeit, den Streit möglicherweise dem EuGH vorzulegen.

All diese Fragen sind sehr speziell und eher Gegenstand für eine Expertendiskussion. Sie sind einer breiteren Öffentlichkeit nur schwer vermittelbar, aber für den Ausgang des Klageverfahrens entscheidend.

Erstaunliche Engführung im Zuge des Rechtstreits

Wenn man bedenkt, dass die Bürgerinitiative all die Jahre auf die vielfältigen Risiken, die die Errichtung einer 380kV-Freileitung in der Nähe von Wohngebieten oder bei der Querung von Schutzgebieten mit sich bringt, es handelt sich um gesundheitliche, wirtschaftliche und ökologische Risiken, die weitgehend vom Gericht ausgeklammert wurden, dann muss man von einer erstaunlichen Engführung im Zuge des Gerichtsverfahrens sprechen

Polemisch zugespitzt werden die Kritiker des Verfahrens davon sprechen, dass drei seltene Vogelarten im Rechtsstreit wichtiger erscheinen als die Menschen, die unter der Freileitung zu leiden haben werden. Sei es, dass sie den elektrischen und magnetischen Feldern einer 380kV Freileitung ausgesetzt sind, dass sie unter den wirtschaftlichen Konsequenzen, z.B. dem Wertverlust ihrer Immobilien in Trassennähe oder unter dem Verlust von Erholungsflächen wegen der Zerstörung des Landschaftsbildes durch die großtechnische Überprägung zu leiden haben.       

Auf nach Leipzig!

Das Gericht hat den 21. Juni 2022 als Termin für die mündliche Verhandlung der Klage festgesetzt. Die Bürgerinitiative wird Anfang Mai mit der Organisation einer Gruppenreise zur Prozessbeobachtung beginnen. Die Verhandlungen des Bundesverwaltungsgerichts sind öffentlich und wir werden von unserem Recht, diese Verhandlung zu besuchen, wie bereits 2016 beim ersten Prozess, Gebrauch machen.  

Nicht über unsere Köpfe

Keine 380kV-Freileitung durch Schutz-und Wohngebiete!“

Hartmut Lindner, Sprecher der BI

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